Mit Bestürzung und großer Sorge haben wir die ungerechtfertige kriegerische Agression Russlands gegenüber der Ukraine zur Kenntnis nehmen müssen. Unsere Gedanken sind besonders bei den Mitgliedern des Jugendsymphonieorchesters der Ukraine (YsOU) und deren Familien. Es macht uns fassungslos, daß diese jungen und begabten Menschen, die sich durch ihr Musizieren für Versöhnung und Verständigung einsetzen, nun um ihr Leben und das Leben ihrer Liebsten bangen müssen. Das YsOU und seine Dirigentin Oksana Lyniv sind Träger des Sächsischen Mozartpreises 2021. Neben vorbildlicher künstlerischer Arbeit haben wir durch diese Preisverleihung das besondere Engagement des Orchesters für einen „europäischen Dialog mittels der Kraft der Musik“ gewürdigt. Die Sächsische Mozart-Gesellschaft e. V. setzt sich mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln dafür ein, daß Krieg nicht wieder zu einem Instrument politischen Handelns wird, nicht in Europa und auch an keinem anderen Ort unserer einen, kleiner werdenen Welt. Ein Satz des großen Dirigenten Leonard Bernstein ist uns dabei Ermutigung und Wegweisung:
„Das ist unsere Antwort auf Gewalt: mit größerer Intensität, schöner und hingebungsvoller musizieren als je zuvor.“
Heute erreichte uns eine Botschaft des YsOU und von Oksana Lyniv, die wir hiermit weitergeben:
Das Jugendorchester der Ukraine und seine Dirigentin Oksana Lyniv rufen die Europäische Union anlässlich der russischer Aggression zur Unterstützung und zum Frieden auf
Heute am 24.02.2022 hat die russische Armee nachts von der Krim, den Ost-Gebieten und der weißrussischer Grenze die Ukraine mit schweren Waffen attackiert. Russland bombt die Ukraine – die Grenzgebiete, die Großstadte, die Flughäfen, die Depots, die wichtigsten Militäriobjekte. Damit sind Putins wahre Absichten klar und offen zu Tage getreten: er will einen unabhängigen Staat vernichten, eine Nation mit eigener Kultur, Sprache, Geschichte, und Identität.
Unsere Entwicklung als europäischer Staat, an der wir seit der Unabhängigkeit vor 30 Jahren arbeiten und für die wir mit dem Maidan (Revolution of Dignity) einen teueren Preis bezahlt haben, ist jetzt in Lebensgefahr. Die Welt sieht endlich das wahre Gesicht Russlands, ein zynisches Land von Betrug und Gewalt und leider weit entfernt von einem Idealbild als Land der Kunst und des Humanismus. Die alle Weltrechte verachtende Annexion der Krim und direkte, gezielte Unterstützung des Krieges in der Donbas-Region war schon grausam, das jetziges Ziel ist aber die ganze Ukraine.
In den letzten Jahzenten seiner Regierung hat der Diktator in Russland ein Polizeistaat aufgebaut – aber das werden die Ukrainer nie werden! Sie wollen jetzt das ukrainische Militär und die Großstädte vernichten, um später dort russische Marionetten einzusetzen. Aber das werden sie nie schaffen. Weil wir da sind – eine neue starke Generation, die keineGewalt mehr ertragen wird! Jetzt endlich wachen alle auf, auch wer noch in postsowjetischen Erinnerungen geträumt hat. Der wahre Bruder steht nicht mit dem Gewehr vor deiner Tür, es ist ein Mörder. Nun muss die ganze Welt die Prüfung für die nach zwei Weltkriegen geschaffenen Gesetze ablegen und muss die Ukraine in der blutigen Schlacht mitten in Europa verteidigen.
Wir, das Jugendsymphonieorchester der Ukraine mit Musikerinnen und Musikern im Alter von 12 bis 22 Jahren aus 32 Städten der Ukraine rufen im Namen unserer Familien alle Regierungen der europäischen Staaten auf, der Ukraine mit entschlossenem Handeln, mit Militär und strengtesten Sanktionen zur Seite zu stehen und unsere Mörder zu stoppen. Wir selber werden nie aufgeben mit allen Kräften, mit Kunst, mit Musik und den richtigen Werten unsere Heimat und den Weltfrieden verteidigen.
„Putin glaubt, dass er uns einschüchtern und zum Schweigen bringen kann. Wir werden das Gegenteil beweisen.“ Andrii Bendus, Flötist, Lwiw
„Ich erinnere mich, dass 2015 meine Lehrerin eine Geigenstunde absagen musste, weil Kampfflugzeuge flogen. Heute haben mich Kampfflugzeuge geweckt. Ich bin eine Musikerin, die diese Musik nicht hören möchte, sondern ewige Klassiker wie Bach, Lyatoshynsky und Mozart. Und zwar in meiner freien Heimat.“ Kateryna Misko, Geigerin, Kropywnytsky
„Heute hat Russland mein Land angegriffen. Meine Heimatstadt Dnipro und unsere Hauptstadt Kiew, die Stadt, in der ich jetzt lebe und studiere. Auch andere Städte des Landes sind jetzt in Lebensgefahr. Granaten fliegen, die Menschen können nicht nach draußen gehen… alle müssen fliehen. Ich spiele Bratsche und liebe Musik sehr und möchte keine Granatengeräusche hören und solche schreckliche Nachrichten lesen. Helfen Sie also bitte unserem Land und unseren Menschen. Wir wollen Frieden und haben ihn immer gewollt.“ Uliana Scharina, Bratsche, Dnipro
Kiew, 24.02.2022